Mit einem Camping-Bus zu reisen ist für Manuel Lemke mehr, als nur den Alltag hinter sich zu lassen. Ich habe mit ihm über sein Camperleben gesprochen und was er dabei alles gelernt hat.
Viele gute Gründe zu reisen
Manuel Lemke ist bekennender Camping-Schrauber und gibt seine Erfahrungen liebend gerne an andere weiter. Deswegen hat er seinen eigenen YouTube-Kanal und hat Gleichgesinnte zu einem Bastler-Basecamp eingeladen. Wer mit Manuel über das Campen spricht, wird schnell feststellen, dass es für ihn sehr viele gute Gründe gibt, auf Reisen zu gehen. Und wer nach dem folgenden Interview mit Manuel nicht auch Lust hat, mit ihm beim Bus-Bastler-Basecamp ein Bier am Lagerfeuer zu trinken – dem kann ich auch nicht mehr helfen 😉
Camperleben.net: Du bist vor einigen Jahren mit einem Kumpel im Unimog nach Indien gefahren. Was hast du denn bei dieser Reise für dein Leben mit nach Hause genommen?
Auch wenn es abgedroschen klingt: Ich habe gelernt, zufrieden zu sein. Zu erleben, wie Menschen, die fast nichts besitzen, trotzdem glücklich sein können – das hat mir die Augen geöffnet. Mit dem zufrieden zu sein, was man hat – und das, was man mehr hat, als das was man braucht, auch wertschätzen zu können. Also klingt komplizierter, als es eigentlich ist. Aber ich brauche zum Beispiel Wasser zum leben. Was ich nicht brauche, ist heißes, fließendes Wasser zu jeder Tageszeit. Aber es ist ein Luxus, den ich jetzt wertschätze. Und das jedes Mal, wenn ich unter der Dusche stehe. Daraus entsteht dann die Dankbarkeit dafür, das Glück gehabt zu haben, in einer Region aufzuwachsen, die alle Möglichkeiten bietet, die man sich erträumen kann.

Foto: Manuel Lemke
Du sagst von dir selbst, du liebst Menschen, die viel unterwegs sind und deswegen freier denken. Wie begegnest du denn denen, die nicht so sind?
Zunächst gilt es immer, sich selbst zu überprüfen. Ist es der andere, der nicht frei denkt, oder bin ich es, der mit der Sichtweise des anderen nichts anzufangen weiß. Ganz oft entwickeln sich so interessante Gespräche, bei denen man am Ende nicht der selben Meinung sein muss. Leuten, die da weniger aufgeschlossen sind, gehe ich meist aus dem Weg. Camper, die nur ihre „Places to See“-Liste abarbeiten, sich beschweren, dass es in der Türkei keine guten panierten Schweineschnitzel gibt und den platz um ihr Wohnmobil mit einem Zäunchen absperren, können das gerne machen. Ich stelle mich dann halt zu den abgerockten Kastenwagen, trinke mit den Leuten ein Bierchen und zünde ein gemeinsames Lagerfeuerchen an 🙂

Mit dem Unimog in Indien unterwegs – Foto: Manuel Lemke
Dein Camperleben klingt im besten Sinne wie ein Leben ohne Grenzen. Siehst du dich selbst vielleicht so ein bisschen als moderner Hippie?
Gute Frage! Wenn man den Begriff Hippie hört, denkt man gleich an Friede, Freude, Eierkuchen. Man denkt an rosarote Weltanschauungen, Dreadlocks, einen alternativen Lebensstil und an unbeschwert in den Tag hinein leben. Das ist nicht meine Art. Ich bin sehr fokussiert, und wenn mich etwas begeistert auch sehr zielstrebig. Ich kann unserer modernen Welt sehr viel Positives abgewinnen. Alternativ lebe ich trotzdem, in dem ich mit meiner Selbständigkeit die Freiheit habe, nicht mit einem Nine-to-five-Job meinen Unterhalt verdienen zu müssen. Freies denken ist sehr wichtig für mich – genauso, wie die Wertschätzung der Natur gegenüber. Wenn ein moderner Hippie zu sein bedeutet, dass man ein wenig aus den üblichen, gesellschaftlichen Normen ausbricht, trotzdem aber seine Freude mit allerhand technischem Schnickschnack haben kann – dann mag diese Beschreibung vielleicht passen. Das digitale Nomadentum bringt es aber vermutlich eher auf den Punkt.

Foto: Manuel Lemke
Hast du denn noch einen großen Reisetraum, den du irgendwann verwirklichen willst?
Nicht so konkret. Ich habe für mich gelernt, Dinge einfach auf mich zukommen zu lassen. Ich würde gerne mal die Ostsee umrunden und die Polarlichter sehen. Alles andere wird sich ergeben. Es gibt so viele schöne Ecken auf dieser Erde und auch hier in Europa haben wir mehr als genug, um ein leben lang reisen zu können und trotzdem nicht alles sehen zu können. Ob sich dann ein Trip durch Kanada, Südamerika, Neuseeland, Australien oder die Mongolei realisieren lässt, wird sich zeigen. Ich bin aber auch happy, einfach mal in die Berge oder ans Meer fahren zu können.

Foto: Manuel Lemke
Denkst du manchmal darüber nach, ein Leben im Bus zu führen und das Hamsterrad zu verlassen?
Ich kann mir das Leben in einem Bus schon ganz gut vorstellen. Aber ich merke auch, dass ich eine „Homebase“ brauche. Lange unterwegs sein – kein Problem! Aber das „nach Hause kommen“ ist einfach auch ein schönes Gefühl. Das bedeutet aber nicht, dass man in einem Hamsterrad festsitzen muss. Ich bin durch meine Arbeit als Sprecher super flexibel und kein Tag ist wie der andere. So gesehen habe ich das beste aus beiden Welten jeder Zeit zur Verfügung. Für mich also quasi perfekt!
Was liebst du an deinem Camperleben am meisten?
Die Abwechslung. Man trifft immer neue Menschen, erlebt immer neue Dinge, entdeckt Landschaften, die einem den Atem rauben und es erdet einen auch immer wieder. Mit jedem Trip erfährt man, mit wie wenig man auskommen kann und das wiederum lässt die Wertschätzung für die Dinge, die uns sonst so alltäglich erscheinen, wieder wachsen.

Foto: Manuel Lemke
Was hast du eigentlich in den neun Jahren, als du zwischenzeitlich keinen Camping-Bus hattest, in deiner Freizeit gemacht?
Haha! Ich war eben viel mit dem Rucksack unterwegs. Singapur, Kambodscha, Malaysia, Costa Rica, USA, Irland – meist mit einem Mietauto und AirBnB-Unterkünften. Motorradtouren durch die Alpen oder nach Schottland. Man kann sich auch ohne Camper ganz gut auf der Welt rumtreiben. Mit Bus ist es aber cooler 😉
„Mit Bus ist es cooler“ – schönes Schlusswort. Vielen Dank für das inspirierende Gespräch, Manuel. Ich habe dank dir jetzt wirklich Lust, auf meinem Blog eine neue Kategorie mit dem Namen „Camping-Philosophie“ einzurichten!

Foto: Manuel Lemke