Immer unterwegs mit 75 Jahren. Gisela hat ihre Krankheit zu Hause gelassen und fühlt sich seit einigen Jahren in ihrem neuen Leben im Wohnmobil besser als jemals zuvor.

Die Krankheit hinter sich lassen

Diese Folge der WDR-Reihe Menschen hautnah hat mich wirklich gepackt. Die TV-Doku erzählt die Geschichte der 75-jährigen Gisela, die jetzt seit acht Jahren in ihrem Wohnmobil lebt. Das alleine wäre es schon wert, erzählt zu werden. Aber Gisela war in ihrem Leben davor lange schwer krank. Sie litt an einer rheumatischen Autoimmunkrankheit und konnte sich irgendwann fast nicht mehr bewegen. Die Folge: Mehrere Operationen. „Meine Schwester hat mich versorgt. Ich musste jeden zweiten Tag an den Tropf. Ich hatte die Wahl zu sterben oder zu leben”, erzählt sie.

Gisela in Marokko (Quelle: WDR)

Gisela in Marokko (Quelle: WDR)

Giselas großer Traum vom Reisen

Dann trifft Gisela die wohl beste Entscheidung ihres Lebens. Sie lässt nach und nach ihre Medikamente weg, stellt ihre Ernährung um, treibt Sport und meditiert. Mit Erfolg: Ihr geht es mit der Zeit immer besser. Gisela aber möchte noch mehr vom Leben und teilt ihrer Familie mit, dass sie im Wohnmobil leben wird. Damit will sie sich ihren großen Traum vom Reisen erfüllen.

Die Sprache der Liebe

Gisela ist erstaunlich fit für ihr Alter, läuft jeden Tag mindestens 4-5 Kilometer. Die Winter verbringt Gisela in Marokko, das Klima tut ihr ganz besonders gut. Dort fühlt sie sich auch den Menschen sehr verbunden – und das, obwohl sie weder Französisch, noch Englisch spricht. Sie spreche die Sprache der Liebe, so Gisela.

„Da bleiben, wo ich möchte“

Wichtig ist Gisela, dass sie unterwegs spontan entscheiden kann, wo sie denn nun bleiben will – ohne dabei Kompromisse einzugehen: „Ganz individuell, dass ich bleiben kann, wo ich möchte. Das macht dieses Leben absolut aus. Manchmal fahre ich und denke: da sieht es aber auch toll aus. Meine Güte, da könnte ich ja auch mal hin. Und ich biege ab und bleibe dann ein paar Tage dort. Das kann ich auch nur, wenn ich alleine reise. Wenn ich dann vorher eine Absprache machen müsste und andere Meinungen hören müsste, wär meine Enthusiasmus, meine Freude, mein Empfinden weg.”

Gisela in Marokko (Quelle: WDR)

Gisela in Marokko (Quelle: WDR)

Neues Verhältnis zu Familie

Trotz aller Ungebundenheit hat Gisela auch noch so etwas wie ihre Heimat, in die sie jedes Jahr zurückkehrt. Immer an Ostern besucht sie ihre Familie in der Nähe von Wuppertal. Das macht sie sehr bewusst und aus tiefster Überzeugung. Gisela spricht sehr ehrlich über ihr gespaltenes Verhältnis zur Familie in der Vergangenheit: „Ich hätte früher gerne auf einen Anteil Familie verzichtet. Nicht auf einen bestimmten Anteil, sondern überhaupt auf diese Anzahl der Familie. Das hat sich völlig anders entwickelt. Heute ist mir Familie in der Entfernung wesentlich sympathischer, ohne Verpflichtung oder Müssen. Heute kann ich da sein, wenn jemand mich braucht.”

„Geschichte des Überlebens“

Gisela tingelt keineswegs ziellos in der Gegend herum. Ihre Reisen geben ihr Kraft – und sie machen Sinn für sie. So reist sie nach Polen auf den Spuren ihrer eigenen Kindheit. Sie besucht ihr Wohnhaus, in dem ihre Familie gewohnt hat bis sie drei Jahre alt war. Und sie besucht Orte der dramatischen Flucht, die ihre Mutter 1945 mit zehn Kindern auf sich nahm. Ihr jüngster Bruder Wolfgang starb dabei. Gisela nennt es die „Geschichte des Überlebens“, die ihre Schwester ihr erzählt hat. Mit ihrem zweiten Leben im Wohnmobil hat Gisela heute ihre ganz persönliche „Geschichte des Überlebens“ zu erzählen.

Gisela unterwegs (Quelle: WDR)

Gisela unterwegs (Quelle: WDR)

Giselas Reise zu sich selbst

Gisela will so lange unterwegs sein, wie es möglich ist: „Was ich mir für mich wünsche? Das ich in einem sehr guten gesundheitlichen Zustand bleibe. Dass ich noch einige Zeit reisen kann. Und wenn ich es nicht mehr kann – dass ich dann einfach *plupp*. Hat sich erledigt für mich. Alles klar. Das es so ist, das wünsche ich mir.“

Giselas Reise zu sich selbst ist wirklich faszinierend und kann bestimmt vielen Menschen Mut machen, ihrem eigenen Leben auch in schwierigen Phasen eine neue Wendung zu geben. Danke dafür, Gisela.