Jeder Camper hat sein ganz persönliches Selbstverständnis von dem, was Camping ist – und was nicht. Nach den nun folgenden Gedanken bin ich allerdings völlig verunsichert.

Schon wieder einer mit so einem Monster

Ich gebe ja zu, dass ich auch nicht anders bin: Wenn da so ein überdimensioniertes Wohnmobil mit PKW-Garage und allem Pipapo auf den Campingplatz gefahren kommt, muss ich meinen Senf dazugeben. Da sind sie wieder, die reichen Rentner oder superreichen Unternehmer. Irgendwer hat ihnen wohl gesteckt, dass Camping toll sein soll. Das eigene zuhause immer dabei haben, flexibel Reisen und so. Und deswegen nehmen sie jetzt uns – den wahren Campern – gleich zwei Stellplätze weg, weil das Ding ja sonst keinen Platz hat.

„Damit kommst du doch durch kein italienisches Dorf!”

Wirklich kennengelernt habe ich noch nie jemanden aus so einem Womo-Monster, aber drüber hergezogen? NATÜRLICH. Das geht dann so:  

  • „So ein Quatsch, damit kommst du doch durch kein italienisches Dorf!“
  • „Also ich möchte mit dem Ding nicht in der Stadt parken müssen!“
  • „Damit kannste doch keinen Pass hochfahren. Also mir ist das total wichtig, dass das geht!“
  • Oder auch – ich gebe es ja zu: „Das ist doch kein Camping mehr!“

Mit Garage und Fiat 500 drin

Ja, Ich gehörte auch schon mehr als einmal zu den Pöblern. Jetzt ist es raus. Aber nun bin ich bereit, darüber zu reflektieren, ob das OK ist. Zu diesem noblen Gedanken bin ich am letzten Wochenende auf einem Campingplatz im Schwarzwald gekommen. Da stand wieder so ein fetter Brummer mit Garage und Fiat 500 hinten drin. Ja, und da ging es wieder los: „Haste den schon gesehen?“, „bescheuert“ und so weiter.

Und dann kam der Aha-Moment

Auf meine Bemerkung „Warum muss man denn zum Campen wirklich alles von zu Hause mitschleppen?“ antwortete meine Frau nur trocken: „Warum denn alles? Die haben sich doch eingeschränkt. Oder was meinst du, in was für einem Haus die wohnen!“

Ist vielleicht alles ganz anders?

Es soll auf die Relation des Verzichtes ankommen? Lassen wir den Gedanken also doch einfach mal zu, denn Camping hat ja definitiv sehr viel mit Verzicht zu tun. Ansonsten würden wir ja in Ferienhäusern oder Hotels unsere Urlaube verbringen. Nehmen wir an, diese Menschen haben in der Regel bei einem Wohnmobil-Preis von 500.000 – 1,5 Millionen Euro eine 450-Quadratmeter-Villa zu Hause stehen. Mit Wellness-Bereich, Swimming-Pool und fünf schnellen Porsches und Ferraris in der Garage. Haben die dann mit ihrem Fiat 500 vielleicht sogar auf mehr verzichtet, als ich in meinem Camping-Bus und einem Fahrrad hinten drauf?

Ist das noch Camping? Lasst es uns ausmessen

Wie wäre es also mit einem objektiven Wert zur Bestimmung, wer beim Campen auf mehr verzichtet? Wie wäre es mit einem Camping-Verzicht-Koeffizienten? Und der geht so: Wohnfläche zu Hause geteilt durch Wohnfläche im Wohnmobil. Je höher der Wert, desto höher der Verzicht – klar. Rechnen wir das doch mal gemeinsam durch. Als Erstes der Reiche: 450 qm Villa geteilt durch 25 qm Wohnmobil ergibt einen Koeffizienten von 18. Das bedeutet nichts anderes, als dass diese Menschen auf 18-mal soviel Wohnraum verzichten beim Camping. Und was ist mit mir? 106 qm Wohnung geteilt durch 10 qm Camper ergibt 10,6. Oh mein Gott, da hatte ich den Camping-Salat: Die Glamper verzichten auf fast doppelt soviel Raum wie ich!

Sind die dann etwa die richtigen Camper?

Ihr könnt euch denken, dass ich immer noch damit beschäftigt bin, das zu verdauen. Denn dahinter steckt ja nichts andere als die Frage: Wer ist denn nun der wahre Camper: Die oder ich? Hiiiiiiiiilfe – ich weiß es nicht mehr. Jetzt gibt es genau zwei Möglichkeiten: Entweder ziehe ich in eine viel größere Wohnung, um den Koeffizienten 18 zu erreichen. In meinem Fall dann 10 qm mal 18 gleich 180 qm Wohnfläche. Oder: Mein Camping-Bus muss schrumpfen, nämlich 106 qm durch 18 sind nur noch 5,9 qm. Leute, das ist dann wohl eher ein Zelt. Erst dann könnte ich es wohl wieder mit meinen neuen Camping-Freunden aufnehmen. Oder spinne ich jetzt?