Beim Stöbern in einer Buchbox stieß eine Freundin auf ein Buch mit dem Titel „Frohe Jugend“. Darin ein Kapitel mit dem Namen „Die kleine Camping-Fibel“. Eine herrliche Zeitreise.
Herta Weber hat das Buch „Frohe Jugend“ 1956 geschrieben. Der Untertitel ist „Ein Buch für Mädchen“. Auf den Seiten 134 und 135 gibt es das Kapitel „Kleine Camping-Fibel“. Darin beschreibt Weber Wissenswertes über diese total verrückte Art, seinen Urlaub zu verbringen:
„Von Jahr zu Jahr wächst die Menge der Zeltfanatiker, und zwar nicht nur bei uns, sondern überall in der Welt. In Amerika leben sogar schon viele Menschen überhaupt nur noch in Wohnwagen, moderne Zigeuner, die vom Fieber der Landstraße gepackt sind und nicht wieder davon loskommen können.“
„Dieses ungeordnete Durcheinander“
Mitte der Fünfziger war offenbar nicht jedem klar, was das denn nun eigentlich soll mit diesem Camping. Und was das überhaupt ist. Das Phänomen Camping erklärte Herta Weber so:
„In den großen wilden Zeltlagern, in den ‚Camps‘, wie sie auf Englisch heißen, fanden sich immer mehr Leute, denen dieses ungeordnete Durcheinander ein Greuel war. Sie hatten es satt, sich von mißmutigen Bauern ausschimpfen zu lassen, die ihre Wiesen nicht von lufthungrigen Städtern zertrampeln lassen wollten, und ärgerten sich über die Zügellosigkeit mancher Zeltnachbarn.“
„Ordnungsliebende Menschen“
Für Herta Weber ist völlig klar, dass es ein ausgeprägter Ordnungswille war, warum Camping in seiner heutigen Form entstanden ist. Da mag sie nicht Unrecht haben:
„Diese ordnungsliebenden Menschen schlossen sich zu einem Club zusammen, im „Camping-Club“, und zwar nicht nur in Deutschland sondern auch in vielen anderen Ländern. Camping-Clubs gibt es zur Zeit in: Österreich, Belgien, Dänemark, Ägypten, Finnland, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Italien, Luxemburg, Niederlande‚ Norwegen, Portugal, Spanien, Schweden, Schweiz und den Vereinigten Staaten.
Zusammengeschlossen sind alle diese Clubs in der Féderation internationale de Camping et de Caravaning, Paris (FICC): Für 1 DM Monatsbeitrag kann jeder dem Deutschen Campingclub beitreten; es ist ganz gleich, ob ihr mit dem Faltboot oder mit dem Fahrrad wandern wollt, mit Motorrad oder Auto unterwegs seid oder als Fußwanderer.“
Mehr als Ordnungsliebe
Was heute so selbstverständlich am Campen ist, war es 1957 offenbar noch nicht. Immerhin musste man den Mädchen dieser Zeit noch erklären, was es damit auf sich hat. Nach dem Motto: Warum machen Menschen sowas überhaupt? Im Rückblick wirken die Erklärungsversuche von Herta Weber fast putzig. Ich bin mir sicher, dass es sehr viel mehr Gründe gibt, warum Menschen campen. Und das ist oft das Gegenteil einer ausgeprägten Ordnungsliebe. Vielmehr ist es sehr oft der Drang, auszubrechen aus den Zwängen des Alltags. Die Zügellosigkeit mancher Zeltnachbarn natürlich nicht ausgeschlossen.